Hohe Handwerkskunst seit 1799

GRAICHEN Bau- und Möbelwerkstätten GmbH in Frohburg

GRAICHEN zeichnet sich durch höchste handwerkliche Qualität und ein starkes Team aus - und das seit über 200 Jahren! Der Besuch des Unternehmens war ein wahres Erlebnis für alle Sinne. Mit Betreten des Büros hatten wir auf einmal das Gefühl, inmitten eines riesigen Fabrik-Lofts zu stehen. Es ist hell, weitläufig, modern und gleichzeitig warm. Visuelle und haptische Erlebnisse gibt es obendrein, denn nahezu überall ist Holz verarbeitet und dementsprechend gut riecht es. Stolz präsentiert uns der Geschäftsführer Matthias Graichen den Besprechungsraum für seine Kund:innen, dessen Holzwände sich aufschieben lassen. Hinter der einen Wand verbirgt sich eine Sammlung verschiedener Hölzer, welche durch einen Bewegungsmelder beim Öffnen der Wand perfekt bestrahlt und in Szene gesetzt werden - das Ganze natürlich unter der idealen Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit. Schiebt man die zweite Wand nach rechts, so blickt man in die Werkstatt und die Kund:innen können direkt sehen, wo ihre Lieblingsstücke angefertigt werden. Wir sind beeindruckt!

 

Matthias Graichen wurde von seinem Vater zum Tischler ausgebildet, hat seinen Meister gemacht und wurde 1993 gemeinsam mit seinem Vater als Geschäftsführer eingestellt. Er akquiriert Projekte und bereitet sie für seine Mitarbeiter:innen auf, sodass alles für die weitere Planung von der Vorbereitung und Fertigung bis hin zur Endmontage bereit steht.

Von Wagenrädern und Munitionskisten

Der Familienbetrieb hat seinen Ursprung im Jahr 1799, in der Innenstadt Frohburgs. Die anfangs kleine Tischlerei baute damals bereits Möbelstücke, Türen und Fenster, aber reparierte u.a. auch Wagenräder. Das Unternehmen hat sich über die Zeit hinweg stark weiterentwickelt und durchlebte viele historische Epochen. In Kriegszeiten wurden z.B. auch Munitionskisten gefertigt. In der DDR musste sich mit Versorgungsengpässen arrangiert werden und es wurden teilweise auch Reststücke für den Innenausbau verwendet. Besonders schwierig war es zu der Zeit Scharniere und Beschläge zu besorgen: “Man benötigte großes Geschick, um die passenden Materialien für Kunden zu finden. Deshalb fanden viele Geschäfte auch in Form einer Tauschwirtschaft statt. Einmal wussten wir nicht, wie wir im Winter unsere Möbelstücke ausliefern sollten, weil uns die Winterreifen fehlten. So kam es dann z.B. dazu, dass wir für eine Werkstatt einen Schreibtisch anfertigten und im Gegenzug einen Satz Autoreifen erhielten” berichtet Graichen. Doch wie erhält man ein Unternehmen über so lange Zeit hinweg lebendig? “Ich finde es wichtig, dass man ehrlich zu sich selbst ist, auf seine Tradition und Werte bedacht ist und sich trotzdem mit den machthabenden Persönlichkeiten arrangiert.”

Digitalisierung im Traditionsunternehmen

Die Digitalisierung hat den Ablauf und die Planung von Projekten stark verändert. Wo vorher Zeichnungen auf Papier ohne komplizierte Details erstellt wurden, gibt es heute komplexe Animationen, in denen auch Farben, Lichteffekte, dunkle und helle Holzflächen und deren Zusammenspiel auf einem Bildschirm dargestellt werden können. Diese Vorarbeit, so erklärt Graichen, “hilft im Nachgang, dass die ausgewählte Produktion für das Endprodukt perfekt eingestimmt ist”. Infolgedessen hat sich der Arbeitsalltag des Teams immer mehr ins Büro verlagert. Und dennoch ist eins gleich geblieben: Der Feinschliff - die Endperfektion - wird durch die handwerkliche Fertigung erreicht.

Die Projekte von GRAICHEN

Die Projekte des Traditionsunternehmens umfassen große öffentliche sowie kleine und größere private Aufträge. Zu Beginn eines Projekts wird immer ein Anfangsgespräch geführt, in dem der Kunde entweder konkrete Vorstellungen oder auch nur erste Ideen präsentiert. Dabei wird sich über Qualitäten, Technik, Formen und eine Budgetplanung ausgetauscht. Es folgt eine Zeichnung mit Details, Verbindungen sowie Werkstoffen und nach einem weiteren klärenden Gespräch wird die Auftragsbestätigung und eine Werkzeichnung für den Kunden erstellt. Vor der Produktion werden außerdem die Baukörper und Anschlüsse erneut geprüft und vermessen, damit Alles stimmt. In der Produktion wird die Werkstattzeichnung digital an Säge, Kantenmaschine und das Bohrzentrum übergeben und vom Team begleitet. Sobald die Einzelteile fertig sind, werden sie durch händische Arbeit zusammengesetzt, kontrolliert und zum Einbau an den Kunden ausgeliefert.

 

Viele spannende Projekte wurden bereits von GRAICHEN umgesetzt. Dabei ist zum einen deren erstes großes, richtungsweisendes Objekt zu nennen - Der Neubau der Neuen Messe in Leipzig 1996. Dort hat das Team die Kassencounter und individuelle Möbel gefertigt, wobei Glas-, Holz-, und Edelstahl-Elemente verwendet wurden. Die Einbauten sind heute noch sichtbar. Ebenso spannend war der Innenausbau des Porsche Kundenzentrums. “Diesen Auftrag haben wir mit viel Geschick und etwas Vorarbeit bekommen. Das Projekt wurde von der Qualität, der Ausführung und dem Zeitmanagement perfekt und reibungslos umgesetzt.” Auch dort sind heute noch viele Einbauten GRAICHENS zu sehen. Zuletzt ist noch das Gästehaus des Bundeskanzleramts im Schloss Meseberg zu nennen, welches das Unternehmen 2002 mit individuellen und handwerklich anspruchsvollen Einzelmöbeln ausgestattet hat. Besonders wichtig ist für Matthias Graichen der geforderte Anspruch jedes Projekts: “Wir wollen individuelle Möbelstücke für Kunden bauen, die einen hohen Anspruch an sich selbst, an Materialien und an die Langlebigkeit der Objekte verfolgen und ein Gefühl für schöne Dinge haben.”

Das Team und Fachkräfte

Momentan sind bei GRAICHEN ca. 30 Mitarbeiter:innen beschäftigt. Bis vor zwei Jahren hatte das Unternehmen aufgrund von vielen Abbrecher:innen noch weniger Lehrlinge pro Lehrjahr. Ihr Ziel von zwei bis drei Lehrlingen pro Lehrjahr haben sie seitdem wieder erreicht. Dies liegt sicherlich auch an deren Art der Ausbildung. Matthias Graichen setzt auf einen hohes Maß an Unterstützung: “Jeder Lehrling bekommt zwei Mentor:innen, die sich für ihn:sie einsetzen und handwerkliche Fähigkeiten vermitteln.” Die Lehrlinge sollten ein handwerkliches Geschick mitbringen, gerne am Computer arbeiten, Zeichnungen lesen und dreidimensional denken können. Angehende Fachkräfte haben zudem die Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln und beispielsweise ihren Meister oder einen Bachelor in Holztechnik zu absolvieren. Auch Quereinsteiger:innen anderer Branchen, wie z.B. Maler-Gesell:innen haben die Chance, bei GRAICHEN zu arbeiten. Eine Grundvoraussetzung dafür ist handwerkliches Verständnis.

 

Als Geschäftsführer eines Traditionsunternehmens möchte Matthias Graichen seinen Schützlingen und Kunden mitgeben, was Tischlerei heutzutage bedeutet: “Sie sollen wissen, dass eine nachwachsende Ressource wie Holz, mit einer modernen und geschickten Planung, so verarbeitet werden kann, dass es langlebig, qualitativ hochwertig und dauerhaft gut nutzbar ist. Unsere Kunden sollen mit den Möbeln alt werden - das ist nicht wie bei diversen Möbeldiscountern.”

Regionales Engagement

Auch regionales Engagement ist für das Traditionsunternehmen wichtig. Seit drei Jahren unterstützt und organisiert GRAICHEN den Frohburger Dreieck-Lauf. Gemeinsam mit dem Trainer des Laufsportvereins wollte der Geschäftsführer ein Projekt auf die Beine stellen, das vor dem jährlichen Motorradrennen stattfinden sollte. Da durch das Rennen bereits vier bis fünf Stunden vorher die Straßen der Rennstrecke gesperrt sind, sollte diese für einen Wohltätigkeitslauf genutzt werden. Daran beteiligt sind der Frohburger Turnverein und GRAICHEN, welche die Logistik übernehmen, die Versorgung sichern und Obst, Getränke sowie individuelle Pokale bereitstellen. Das Kick-Off des Dreieck-Laufs 2016 zog bereits 200 Teilnehmer:innen an. In diesem Jahr waren es sogar 500 Teilnehmer:innen. Der Landrat Henry Graichen, der zwar denselben Namen trägt, aber nicht verwandt zum Unternehmen ist, war Schirmherr der Veranstaltung und ist die fünf Kilometer mitgelaufen. Matthias Graichen wünscht sich, dass die Veranstaltung noch größer wird, sodass noch mehr Geld für wohltätige Zwecke gespendet werden kann.

“Zukunft seit 1799”

Wir sind uns sicher: Die Attraktivität des Tischler-Berufs, wie Graichen sie beschreibt, wird dafür sorgen, dass das Unternehmen auch in 200 Jahren noch Fachkräfte anziehen wird und eine erfolgreiche Position im Wirtschaftsstandort Landkreis Leipzig einnehmen wird. Um es mit den Worten des Geschäftsführers auszudrücken: “Was gibt es denn schöneres als eine handfeste Lehre, bei der man morgens etwas beginnt, dieses schöne warme Material Holz bearbeitet und am Ende des Tages durch Kopfarbeit, handwerkliche Fähigkeiten und ein bisschen Schweiß ein Produkt entstehen lässt, worüber man sich freut?”.

Beitrag von  Daniel Seibert


Fotos: Vom LKL Gesucht & GRAICHEN Bau- und Möbelwerkstätten GmbH, Verfasser: Daniel Seibert