“Wir haben alles vor der Tür, wir müssen nur rausgehen”. Vor der Tür, da wartet für Kerstin Böhme-Voigt die Schönheit Colditz’. Die Kleinstadt ist nicht nur die Heimat des berühmten Schloss Colditz und der Landesmusikakademie Sachsen. Die Stadt an der Mulde ist auch das Zuhause des traditionsreichen Raumausstatters Böhme-Voigt. Der Familienbetrieb, der seit 1979 seine Kundschaft umsorgt und 2019 sein 40 jähriges Jubiläum feiert, wird von Kerstin Böhme-Voigt und ihrem Ehemann Andreas Voigt in zweiter Generation geführt. Für den Einstieg in den Familienbetrieb schulte der gelernte Instandhaltungsmechaniker sogar zum Bodenleger um und führt nun gemeinsam mit seiner Frau das erfolgreiche Geschäft. Das Familien-Gespann ist freundlich, offen, hat stets ein Lachen auf den Lippen und lebt das Handwerk mit Herz und Seele.
Wer das Geschäft der Böhme-Voigts betritt, den erfüllt sofort die gemütliche und herzliche Atmosphäre, mit der die Familie ihren Betrieb führt. Es fühlt sich an, als stünde man im Wohnzimmer von Freunden und sei zu Besuch auf Kaffee und Kuchen. “Bei uns gibt’s Gardine mit Gespräch”, witzelt Dominique Hoppe, die Tochter der Böhme-Voigts und gelernte Kauffrau. Die Betonung liegt auf “Gespräch”, denn in Zeiten von Onlinekaufhäusern und steigender Konkurrenz wird auch die Kundschaft anspruchsvoller. Eine ausführliche Beratung ist den Raumaustattern wichtig. So grenzen sie sich von internationalen Möbelkonzernen ab. Sie besuchen ihre Kunden vor Ort und unterhalten sich ausgiebig mit ihnen über deren individuelle Wünsche. Wie fällt das Licht ein, wo liegen die Fenster, wer soll in dem Raum wohnen? All diese Fragen und ihre langjährige Erfahrung führen die Böhme-Voigts zu kundenorientierten, individuell maßgeschneiderten Lösungen.
Das Handwerk, dass die 'Böhme-Voigt's' lieben und leben, ist eng mit der Heimat verbunden, seit der Raumausstatter-Meister Herbert Böhme im Juli 1979 die ehemalige Sattlerei in der Töpfergasse in Colditz übernahm und nach der Wende im Jahr 1990 ein Raumausstatter-Geschäft mit erweitertem Angebot entstand.
“Wir können es doch eigentlich gar nicht besser haben hier in Colditz”, sagt die Geschäftsführerin, “wir gehen hier zur Haustür raus und haben im Prinzip nach rechts, nach links, nach oben und nach unten entweder frische Luft, Wald oder unsere schöne Mulde!” Viele Probleme, unter denen Stadtmenschen leiden, entstehen hier erst gar nicht. Der Kontakt mit der Natur ist Ausgangspunkt für eine gelungene Work-Life-Balance.
Geschäft bedeutet nicht nur Geschäft, sondern auch Verantwortung und Heimatverbundenheit. Bei Raumausstatter Böhme-Voigt trifft modernes Design auf Traditionsbewusstsein. Man engagiert sich in der Gemeinde, beispielsweise im Bereich von Bildungsprojekten wie “Schul-Skills”. Dort stellen sich regionale Betriebe an Schulen vor und ermuntern die Schüler:innen, sich auf Ausbildungsstellen zu bewerben. Für die Böhme-Voigts ist das Ehrensache, denn sie möchten jungen Menschen die Chance geben, von ihren Jahrzehnten an Erfahrung zu profitieren. “Wir arbeiten gern mit den Jugendlichen zusammen, wir brauchen den Nachwuchs”, beteuert Dominique Hoppe, aber es sei eben nicht leicht ihn zu finden. “Der Fachkräftemangel ist in aller Munde, gerade im Handwerk”, sind sich die beiden Frauen einig, und blicken dennoch zuversichtlich in die Zukunft.
Die Böhme-Voigts sind stolz auf ihre Auszubildenden, denn deren hervorragenden Leistungen gehen zurück auf die “fachgerechte Ausbildung” im Betrieb. Besonders stolz ist die Familie auf die mittlerweile ausgelernte Auszubildende Franziska, sie war sogar die Beste ihres Jahrgangs. Die Philosophie im Familienbetrieb lautet: Ausbildung soll keine Massenabfertigung sein, das Handwerk kein industrielles Produkt. In Colditz arbeitet man noch mit Köpfchen, Herz, Heimatgefühl und in der Familie weitergereichtem Fachwissen. Um diesem Anspruch gerecht werden zu können nimmt das Unternehmen immer nur eine auszubildende Person auf, um ihm mit der gebührenden Zeit und Aufmerksamkeit das Handwerk beibringen zu können. Nur so könnten die hohen Qualitätsstandards in Ausbildung und Produkt gewährleistet werden. “Ich habe gar nicht so viele Ansprüche an die Bewerber. In Mathe vielleicht nicht unbedingt eine vier”, schmunzelt die Raumausstatterin mit einem Augenzwinkern. Rechnen und insbesondere das einfache Rechnen, seien sehr wichtig. “Der Lehrling muss sich vorstellen können, wie viel ein Meter ist, ohne dafür zum Zollstock greifen zu müssen.” Auf einen Einser-Zensurenspiegel komme es der Meisterin nicht zwingend an. Viel mehr erwarten die Böhme-Voigts von den Azubis Einsatzbereitschaft, räumliches Vorstellungsvermögen, Kreativität sowie ein gutes Gespür für Farben, Materialien und natürlich Liebe und Leidenschaft für den Beruf. Die Kunden sollen sich schließlich mit den Produkten wohlfühlen und auch in Zukunft eine Alternative zur Massenware aus dem Internet haben. Und wer weiß, vielleicht hängt ja bald der nächste Meisterbrief im Betrieb an der Wand, neben dem von Kerstin Böhme-Voigt und dem ihres Vaters Herbert Böhme.
Beitrag von Flix Aust & Steffen Wrede