Vielen Unternehmen fehlen heute lernwillige Azubis. Bei der Wellner GmbH sieht das anders aus. Jedes Ausbildungsjahr stellt man dort zwei neue Azubis ein und deren Abschlussquote liegt bei 100%. Reife Leistung! Doch worin liegt das Geheimnis? Wie zieht man im Landkreis Leipzig Nachwuchs und Fachkräfte heran?
Der Besprechungsraum, in dem wir Michael Engel treffen ist beige und voller Telefone. Analoge, digitale, rote, orangene, hölzerne und explosionssichere Telefone. Sie sind ein nostalgischer Verweis auf die Geschichte der Wellner Kommunikation / Automatisierung GmbH. Als Klaus Wellner die Firma 1990 in Wurzen gründete, ging es noch vorrangig um Telekommunikations- und Automatisierungsanlagen. Und heute? Heute steht das Unternehmen mit rund 45 Mitarbeitern nicht nur für ein breites Portfolio an Dienstleistungen im Kommunikations- und Sicherheitsbereich, sondern auch für eine bemerkenswerte Unternehmenskultur.
Gefahrenmanagementsysteme, mobile Videoüberwachung, passive Netzwerktechnik - das täglich’ Brot der Wellner GmbH. Während heutzutage kaum noch jemand von Automatisierung spricht, hat insbesondere “Sicherheitstechnik in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen”, erklärt Michael Engel, zuständig für Marketing und technische Dokumentation. Er führt das auf steigende Diebstahlzahlen zurück. Häufig versuchen Vandalen, Fahrzeugdiebe oder Kupferdiebe auf fremde Gelände vorzudringen, und verursachen Schäden.
Die Wellner GmbH stellt sich diesem Trend mit Jahrzehnten Know-How und modernster Sicherheitstechnik wie der WellnerBox entgegen. Drei davon stehen gerade auf dem Hof. Die Eigenentwicklung sieht aus wie ein mannshoher, grünlicher Würfel und ist eine “mobile, autarke und interaktive 360°-Überwachungslösung” für den Außenbereich. Mit Bewegungsmeldern, Lautsprechern und Kameras ausgestattet bewacht die WellnerBox Kundenobjekte “überall und jederzeit”. Dank Akkus, Brennstoffzellen und Solarenergie benötigt sie nicht mal feste Stromanschlüsse. Sie ist eines der wenigen Produkte, das man ausführlich begutachten kann, die meisten anderen Systeme werden in Wänden und Schaltschränken direkt vor Ort verbaut.
Die Arbeit, sprich die Installation, Wartung und Reparatur der Systeme findet hauptsächlich beim Kunden statt. Wellner-Mitarbeiter:innen sind daher oft im Außeneinsatz und erleben Jobs voller Abwechslung, Herausforderungen und Vielfalt. Sie kennen sich nicht nur in einem einzelnen Bereich, sondern auch in “angrenzenden Technologien” aus. In modernen Gebäuden sind nämlich alle Systeme, wie Kommunikations-, Informations- und Sicherheitstechnik miteinander vernetzt.
Im Optimalfall sind die Mitarbeiter Allrounder, die sämtliche Systeme warten können. Doch Fachkenntnis ist nicht alles. Michael Engel erklärt, dass es den Mitarbeitern gut gehen muss, damit sie pünktlich, glücklich und zuverlässig ihrer Arbeit nachgehen können. “Wenn die Kollegen ausgeglichen sind, dann spiegeln sie auch genau das beim Kunden wieder.” Einen Grundstein für diese Ausgeglichenheit liegt in der Unternehmenskultur, doch dazu später mehr...
Ein gesamtdeutscher Trend scheint sich auch im Landkreis Leipzig abzuzeichnen - Sicherheit gewinnt für viele Menschen an Bedeutung. Bei Wellner geht man auf dieses Bedürfnis ein und
schafft deshalb Sicherheiten nicht nur für Kunden, sondern auch die eigenen Mitarbeiter. “Uns geht’s gut, wir machen unsere Arbeit gut, wir werden gut angenommen”, erläutert Engel, daher kann das
Unternehmen die Bemühungen der Angestellten auf viele Weisen honorieren. Wer motiviert lernt, kann sich sicher sein, dass er nach der Ausbildung übernommen wird. Zusätzlicher Arbeitsaufwand sowie
Bereitschaftsdienste werden finanziell vergütet. Engagierte Kollegen können sich innerhalb weniger Jahre vom Techniker bis zum Projektleiter hocharbeiten. Das motiviert und spornt an.
Auch der Nachwuchs konnte etwas Zeit freischaufeln. Andreas Achilles, Auszubildender Elektroniker im dritten und sein Kollege Baader Aljeratle, Azubi im zweiten Lehrjahr, könnten kaum
unterschiedlicher sein. Der 18-jährige Achilles kommt aus der Region und hat durch Verwandte zur Wellner GmbH gefunden. Aljeratle ist 32 Jahre alt, der gebürtige Syrer wurde von der
Handwerkskammer an die Wellner GmbH vermittelt. Nach einem erfolgreichen Praktikum konnte er in Gerichshain mit der Ausbildung beginnen. Eine Win-Win-Situation, denn bereits früher
arbeitete er als Elektriker, nun erhält er die Gelegenheit sein Wissen zu vertiefen. “Ich bin besonders interessiert daran, das Programmieren zu lernen” fügt er lächelnd hinzu. Auszubildender
Achilles freut sich besonders, wenn er Verantwortung übernehmen und eigene Projekte umsetzen darf.
Photo: Wellner GmbH
Kommunikation und Sicherheit sind schnelllebige Themen, in denen nie ausgelernt ist. Daraus leitet man bei Wellner ein Versprechen an die Belegschaft ab: “Langweiliges und stupides
Arbeiten? Nicht bei uns!” Um die Kunden bestmöglich beraten zu können müssen die Mitarbeiter:innen stets auf dem aktuellsten Stand sein. Das gilt für Sicherheitsvorschriften, sowie technische
Neuerungen. In internen und externen Schulungen erhalten die Mitarbeiter das nötige Know-How, um sich mit den vielseitigen Anforderungen ihres Berufs zu arrangieren. Kein Projekt ist wie das
andere. Und selbst wenn mal ein Auftrag etwas monotoner ist, steht bald darauf schon die nächste spannende Aufgabe an.
Die ständige Arbeit mit neuen Technologien und die zahlreichen Weiterbildungen erlauben es der Wellner GmbH, auch der voranschreitenden Digitalisierung unaufgeregt entgegen zu blicken.
Während das allseits diskutierte Thema in manchen Betrieben Haareraufen auslöst, resümiert Michael Engel: “Digitalisierung, da stecken wir ja eigentlich schon immer drin”.
Wie hast du’s mit der Unternehmenskultur?
Irgendwo zwischen offener Unternehmenskultur und aufrichtiger Wertschätzung liegt der betriebliche Zusammenhalt - und der wird proaktiv gefördert. Bei Wellner ist man sich bewusst
darüber, dass jüngere Kolleg:innen mehr Energie und ältere Kollegen mehr Erfahrung einbringen, Praktikanten nicht nur Schrauben sortieren wollen und dass manche Kollegen mit Migrationshintergrund
womöglich etwas Hilfe beim Deutschlernen brauchen. Sich gegenseitig auch dabei zu unterstützen, ist von der Unternehmensführung ausdrücklich erwünscht.
Das Thema Zusammenhalt wird ernst genommen und konsequent zu Ende gedacht. Der Teamgedanke kennt keine demografischen Unterschiede, jeder erhält die gleichen Chancen. Ein starkes Signal.
Auszubildende sind nicht “nur der Azubi”, sondern stehen auf Augenhöhe. Die Kollegen mit Migrationshintergrund sind “genauso integriert, wie jeder andere hier. Das hat weder mit dem Aussehen, dem
Alter, der Religion, der Herkunft noch irgendwas sonst zu tun. Es ist uns eigentlich völlig egal, wo jemand herkommt. Wir beurteilen die Personen immer danach wie sie sich verhalten.” hält Engel
fest. Vorurteile und Diskriminierung lehnt man bei der Wellner GmbH kategorisch ab. Das ist fester Teil der Unternehmensphilosophie.
Klar, “Animositäten gibt es überall mal”, alles andere wäre auch zu schön, um wahr zu sein. Doch wo könnte man diese besser überwinden als bei einer entspannten Partie Billard, beim
dienstäglichen Joggen, beim Handball oder einem Kaltgetränk im Gemeinschaftsraum? Modernes Unternehmertum heißt auch Angebote und Freiräume zu schaffen, in denen Mitarbeiter gemeinsam Feierabend
haben und noch mehr Team sein können.
Team nicht nur untereinander, sondern auch mit der Region. Denn Wellner sieht sich als regional verwurzeltes Unternehmen, und regionale Verantwortung heißt, dass man als Nutznießer der
wirtschaftlichen Entwicklung auch versucht etwas zurück zu geben. Dazu zählt soziale Verantwortung wahrzunehmen, Projekte zu unterstützen, Feiern an Kindergärten, Vereinen, Schulen zu sponsern.
Oder auch Bewerber aus der Region einzustellen, wenn möglich Ressourcen aus dem näheren Umfeld beziehen, Kontakte zu pflegen.
Zum Abschluss verrät Michael Engel uns noch ein letztes Geheimnis: “Den eigenen ‘Nachwuchs’ im Team heranzuziehen, ist der beste Weg, um die richtigen Leute ins Unternehmen zu bekommen.” Aus
zufriedenen Praktikanten werden gute Azubis. Aus erfolgreichen Azubis werden qualifizierte Mitarbeiter. So schließt sich der Kreis. Ein Lehrstück.
Beitrag von Steffen Wrede